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Hier einige Gedanken zum Thema Selbstverteidigung und zu den Grundlagen unseres Trainings sowie eine wichtige Bemerkung vorab:
Entgegen vieler Behauptungen leben wir MitteleuropäerInnen heute in einer Welt mit noch nie da gewesenen Sicherheiten. Wenn Ihr Euch ohne konkreten Anlass sorgen möchtet: Die Chancen, dass Ihr von einem Auto überfahren werden, dessen FahrerIn gerade aufs Smartphone guckt, sind unvergleichbar höher als die Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden.
Gleichzeitig ist die Chance, dass Sie medizinisch gut und schnell versorgt werden, auch dass Sie im Anschluss juristischen Beistand erhalten etc., so hoch wie nie zuvor.
Ein Beispiel: 1974 gab es in Westeuropa 411 Tote durch Terroranschläge, im Jahr 2017 waren es 34. Wahrnehmung und Realität aber klafft in unserer durch Medien geprägten Welt weiter denn je auseinander.
Diese Entwicklung bedeutet für uns nicht, dass wir Eure Sorgen, Ängste oder gar Gewalterfahrungen nicht ernst nehmen - wir möchten schlichtweg nicht über die Schiene undifferenzierter Gewalt- und Terrorhysterien mit Euch Geschäfte machen.
Dies bedeutet aber auch, dass wir Euch sagen können, dass unser Training neben der Tatsache, dass es den meisten Leuten Spaß macht, dennoch nützt. Denn:
* Das Gefühl, das Bewusstsein, sich im Notfall wehren zu können, hilft, nicht als potentielles Opfer zu erscheinen, und stärkt uns nicht zuletzt auch im Alltag.* TäterInnen suchen in der Regel Opfer und keine GegnerInnen.Und sich als ausprobierter Gegner zu fühlen ist allemal besser denn als mögliches Opfer...
Wer zu sogenannten Minderheiten gehört, fällt unter Umständen sehr aus obiger Statistik und hat eigene Geschichten von Gewalterfahrung, die jene Person besser kennt als wir.
Ein Großteil an Gewalt findet innerhalb fester sozialer Bindungen statt. Hier hilft kein Selbstverteidigungsunterricht. Punkt. Noch einmal: Hier hilft kein Selbstverteidigungsunterricht. Der weltbeste Kurs nicht. Im idealen Fall kann das Training darin bestärken, die eigenen Lebensumstände zu ändern. Eine gute soziale Gemeinschaft, wie sie eine Trainingsgruppe sein kann, wirkt oft auch stärkend.
Aktive Selbstverteidigung kann verbal mitten im Alltag beginnen. "Nein!" ist ein kompletter Satz und wird nicht durch weitere Erklärungen oder die Wiederholung des Wortes wirksam, sondern durch aktives Setzen von Grenzen.
Einfach Techniken zur Selbstverteidigung und eine wehrhafte Haltung können von jedem Menschen unabhängig von Geschlecht oder Konstitution erlernt werden.*
Entscheidend ist, diese Techniken unter Stress und hinderlichen Bedingungen ausführen zu können. Noch entscheidender ist, sich die Erlaubnis zu geben, ja, den absoluten Willen zu haben, jemand anderen zu verletzen. Beides kann geübt werden.
* ausführliche Information zum Thema Senioren Selbstverteidigungen finden Sie in unserem Logbuch Eintrag vom 04.07.18.
Von Natur aus sind wir mit Zähnen, einer harten Stirn, mit Fingernägeln, Händen und Füßen, Knien und Ellenbögen gut für einen Kampf ausgestattet.
Sich seiner Mittel auch effektiv zu bedienen, fällt trotzdem oft schwer, ist durch Kultur und Erziehung abgelernt worden.
Selbst Gewalt anzuwenden, kostet viele Menschen (teils zum Glück, teils zum Unglück) wirkliche Überwindung. Hier hilft das Training auch, eine andere Seite von sich selbst zu entdecken...
Weder Kampfsporttraining noch das Schauen von Youtube-Videos wappnen gegen den Stress einer echten Auseinandersetzungssituation.
Wer Euch unfehlbare Techniken verspricht, lügt Euch und vielleicht auch sich selbst etwas vor. Auch unser Anspruch realistisch auszubilden, ist in gewisser Weise utopisch. Realitätsnah ist bereits hoch gegriffen und keine Situation, in der wir uns behaupten müssen, gleicht der anderen.
Gewalt trifft uns wie auch Unfälle meist unerwartet. Ein gutes Training erhöht die Chancen, mit möglichst wenig Schaden herauszukommen.
